Ausgangssituation:
Ein Fahrzeug hat einen Wiederbeschaffungswert (WBW) von 11.900 € brutto, der Restwert beträgt 3.000 €, und der Wiederbeschaffungsaufwand soll berechnet werden.
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1. Regelbesteuert (MwSt ausweisbar)
WBW netto: 10.000 €
+ 19 % MwSt: 1.900 €
WBW brutto: 11.900 €
Restwert netto: 3.000 € (bei Regelbesteuert wird auch Restwert netto betrachtet)
Wiederbeschaffungsaufwand netto: 10.000 € – 3.000 € = 7.000 €
Hinweis: Der Geschädigte bekommt bei Ersatzbeschaffung die MwSt (1.900 €) zusätzlich erstattet.
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2. Differenzbesteuert (nach § 25a UStG)
WBW brutto: 11.900 € (keine ausweisbare MwSt)
MwSt enthalten, aber nicht ausweisbar
Restwert: 3.000 €
Wiederbeschaffungsaufwand: 11.900 € – 3.000 € = 8.900 €
Hinweis: Keine MwSt-Erstattung möglich, da sie nicht separat ausgewiesen ist.
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3. Steuerneutral (Privatverkauf)
WBW brutto: 11.900 € (wie gekauft – keine MwSt ausgewiesen)
Restwert: 3.000 €
Wiederbeschaffungsaufwand: 11.900 € – 3.000 € = 8.900 €
Hinweis: Keine steuerlichen Besonderheiten, keine MwSt-Erstattung.
Was ist der Wiederbeschaffungswert?
Der Wiederbeschaffungswert ist der Betrag, den ein Geschädigter aufwenden muss, um ein gleichwertiges Fahrzeug (also von Art, Alter, Laufleistung, Ausstattung und Zustand her vergleichbar) unmittelbar vor dem Unfall am regionalen Markt wiederzubeschaffen.
Er wird also nicht vom Schaden selbst beeinflusst, sondern bildet den Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall ab.
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Wie wird der Wiederbeschaffungswert ermittelt?
Der Wiederbeschaffungswert wird in der Regel durch einen Kfz-Sachverständigen oder Gutachter ermittelt. Dabei fließen folgende Faktoren ein:
•Aktuelle Marktsituation (regionaler Gebrauchtwagenmarkt)
•Alter, Laufleistung und Zustand des Fahrzeugs
•Sonderausstattungen und Pflegezustand
•Vergleichbare Fahrzeuge in Online-Börsen und Händlerangeboten
•Saisonale Marktschwankungen
Gutachter nutzen teils auch Datenbanken (z. B. Schwacke, DAT), recherchieren jedoch auch individuell nach vergleichbaren Fahrzeugen.
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Wozu dient der Wiederbeschaffungswert?
Er ist entscheidend zur Berechnung des wirtschaftlichen Totalschadens. Wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor.
Er wird zudem für folgende Zwecke verwendet:
•Abrechnung mit der Versicherung: Die Versicherung zahlt im Totalschadensfall den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts (Wert des beschädigten Fahrzeugs).
•Berechnung der 130-%-Grenze: Wenn die Reparaturkosten max. 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen und das Fahrzeug tatsächlich repariert wird, kann dennoch die Reparatur erstattet werden.
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Warum unterscheidet er sich vom „marktüblichen Preis“?
Der Marktpreis (z. B. aus Online-Börsen) ist oft nicht gleich dem Wiederbeschaffungswert, da:
•Marktpreise stark variieren können (zwischen privat und Händler, Zustand etc.)
•Der Wiederbeschaffungswert stets die Bruttokosten inklusive Händlergewinn, Gewährleistung und Mehrwertsteuer beinhaltet (v. a. bei Händlern)
•Individuelle Fahrzeugmerkmale den Preis beeinflussen, die im Marktpreis nicht vollständig berücksichtigt sind
•Versicherungsrechtliche Zwecke eine objektivierte Bewertung erfordern (nicht der günstigste Preis zählt, sondern der realistische Beschaffungspreis)
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Kurz gesagt:
Der Wiederbeschaffungswert ist der objektivierte, realistische Betrag, den man vor dem Unfall für ein gleichwertiges Fahrzeug zahlen müsste – oft höher als der “durchschnittliche Marktpreis”, weil er auch Verfügbarkeit, Händleraufschläge und Zustand mit einbezieht.
Was ist der Restwert?
Der Restwert ist der Wert des beschädigten Fahrzeugs nach dem Unfall, also in dem Zustand, in dem es sich unmittelbar nach dem Schadenereignis befindet.
Er entspricht dem Betrag, den ein Aufkäufer (z. B. ein Verwerter, Exporthändler, Bastler) noch für das Unfallfahrzeug zahlen würde. Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
•Zustand des beschädigten Autos
•Welche Teile noch nutzbar sind (Motor, Getriebe, Karosserieteile)
•Nachfrage auf dem Gebraucht- oder Teilemarkt
•Ob es ein Totalschaden ist oder reparierbar
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Wie wird der Restwert ermittelt?
Ein Kfz-Gutachter ermittelt den Restwert, oft durch:
•Anfragen bei Restwertbörsen (Online-Plattformen für Händler)
•Vergleich mit ähnlichen Unfallfahrzeugen
•Angebote von spezialisierten Aufkäufern
Der höchste seriöse Gebotspreis, den der Geschädigte ohne besondere Mühe erzielen kann, wird als Restwert angesetzt.
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Wie beeinflusst der Restwert den Wiederbeschaffungswert?
Kurz gesagt: Gar nicht direkt.
Der Wiederbeschaffungswert bleibt vom Restwert unabhängig. Sie beschreiben zwei verschiedene Dinge:
WBW: Wert des Fzg. vor dem Unfall
RW: Wert des Fzg. nach dem Unfall
Wie wirken sie zusammen bei der Schadensregulierung?
Wenn ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, wird nicht die Reparatur bezahlt, sondern der Differenzbetrag:
Wiederbeschaffungswert – Restwert = Entschädigung
Beispiel:
•Wiederbeschaffungswert: 10.000 €
•Restwert: 3.000 €
•→ Auszahlung durch Versicherung: 7.000 €
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Zusammenfassung:
•Der Restwert beeinflusst den Wiederbeschaffungswert nicht direkt.
•Beide Werte stammen aus dem Gutachten, aber:
•Der Wiederbeschaffungswert beschreibt den Zustand vor dem Unfall
•Der Restwert beschreibt den Zustand nach dem Unfall
•Für die Versicherung zählt die Differenz, um den Schaden auszugleichen